Folsäure & Schwangerschaft auf einen Blick
- Schwangere und stillende Frauen haben mit 550 bzw. 450 Mikrogramm Folat-Äquivalenten pro Tag einen deutlich erhöhten Bedarf im Vergleich zu den 300 Mikrogramm, die für nicht-schwangere Erwachsene empfohlen werden.
- Ein Folsäuremangel während der Schwangerschaft erhöht signifikant das Risiko der Entstehung von Neuralrohrdefekten beim Embryo.
- Eine folatreiche Ernährung reicht bei Schwangeren häufig nicht aus, um eine optimale Versorgung zu gewährleisten.
- Werdende Mütter sollten bis zum Ende des ersten Trimesters täglich 400 Mikrogramm zusätzliche Folsäure einnehmen.
- Gab es bereits einen Neuralrohrdefekt, können bei einer erneuten Schwangerschaft bis zu vier Milligramm Folsäure pro Tag sinnvoll sein.
Was ist Folsäure und wofür ist sie gut?
Folsäure bezeichnet die synthetische Form von Vitamin B9, während Folat die natürlich vorkommende Variante ist. Obwohl die Begriffe oft synonym verwendet werden, gibt es biochemische Unterschiede, die bei der Zufuhr relevant sein können.
Das zur Gruppe der B-Vitamine zählende wasserlösliche Vitamin hat im Körper verschiedene Funktionen. Es ist unter anderem wichtig für die Teilung der Zellen und eine normale Funktion des Immunsystems.
Außerdem trägt Folsäure z.B. bei zu:
- einer normalen Blutbildung,
- einer normalen Aminosäuresynthese und
- einer normalen psychischen Funktion.
Wie viel Folsäure benötigen schwangere Frauen?
Während der Schwangerschaft haben Frauen laut der DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung) einen Bedarf von 550 Mikrogramm Folat-Äquivalenten pro Tag. Das ist fast das Doppelte des normalen Tagesbedarfs von 300 Mikrogramm. Nach der Entbindung sinkt ihr Bedarf zwar wieder. Mit 450 Mikrogramm ist er in der Stillzeit aber nach wie vor deutlich höher als unter normalen Umständen.1
Was passiert, wenn man zu wenig Folsäure in der Schwangerschaft nimmt?
Folsäure bzw. Folat hat im Körper eine Reihe wichtiger Funktionen. Es ist unter anderem bedeutsam für die Blutbildung, die Teilung der Zellen und das Wachstum des mütterlichen Gewebes. Ein Folsäuremangel während der Schwangerschaft kann nicht nur eine Anämie bei der Mutter auslösen. Er kann überdies auch Neuralrohrdefekte beim Embryo begünstigen.
Beim Neuralrohr handelt es sich um die embryonale Vorstufe des zentralen Nervensystems, aus der sich das Rückenmark und das Gehirn entwickeln. Es gibt verschiedene Formen von Fehlbildungen des Neuralrohrs. Besonders häufig sind eine Anenzephalie, bei der ein Teil des Gehirns und des Schädels fehlt, sowie eine Spina bifida, die auch als offener Rücken bezeichnet wird.
Folatreiche Ernährung für werdende Mütter
Um ihren erhöhten Bedarf zu decken, ist eine folatreiche Ernährung für schwangere Frauen besonders wichtig. Folate sind in zahlreichen Lebensmitteln enthalten.

Einen besonders hohen Gehalt weisen z.B. folgende Lebensmittel auf:
- Rosenkohl und einige andere Kohlsorten
- Hülsenfrüchte wie Linsen und Bohnen
- Grünes Blattgemüse wie Spinat
- Weizenkeime und Speisekleie
Zitrusfrüchte enthalten entgegen der verbreiteten Annahme nur geringe Mengen an natürlichem Folat und sollten daher nicht als primäre Quelle zur Deckung des Folsäurebedarfs betrachtet werden. Das Tierprodukt mit dem meisten Folat ist Leber. Allerdings ist diese auch reich an Vitamin A. Zu viel Vitamin A kann dem Fötus zwischen der dritten und neunten Woche der Schwangerschaft möglicherweise schaden. Deshalb sollten Schwangere sicherheitshalber keine Leber essen.2
Folsäurepräparate für Frauen mit Kinderwunsch
Obwohl der gezielte Verzehr von folatreichen Lebensmitteln wichtig ist, reicht dieser oft nicht aus, um den erhöhten Bedarf an Folsäure während der Schwangerschaft zu decken und die gesunde Entwicklung des ungeborenen Babys sicherzustellen. Zusätzlich zur Ernährung sollten Frauen daher mindestens vier Wochen vor der Schwangerschaft und im ersten Trimester täglich 400 Mikrogramm Folsäure als Nahrungsergänzungsmittel einnehmen.
Allerdings lässt sich der Zeitpunkt der Empfängnis in der Regel nicht exakt planen und bleibt nicht selten zunächst unbemerkt. Aus diesem Grund empfiehlt man allen Frauen mit Kinderwunsch, mit der vorbeugenden Einnahme des Präparats zu beginnen.34 Auf diese Weise ist eine ausreichende Versorgung des Fötus in den ersten Schwangerschaftswochen sichergestellt.
Erkenntnisse über die individuelle Fruchtbarkeit gewinnen
Wann ist der richtige Zeitpunkt, eine Familie zu gründen? Kaum eine andere Entscheidung, die eine Frau trifft, wirkt sich mehr auf ihr weiteres Leben aus. Doch die Antwort auf diese Frage basiert meist auf Hoffnung und nicht auf der fundierten Kenntnis der eigenen zukünftigen Fruchtbarkeit.

Ist zu viel Folsäure in der Schwangerschaft gefährlich?
Folsäure ist für die Gesundheit der werdenden Mutter und ihres Babys zwar sehr wichtig. Eine übermäßige Aufnahme von Folsäure kann jedoch potenziell gesundheitliche Risiken bergen. Es gibt beispielsweise Hinweise darauf, dass eine Überdosierung das Risiko für Autismus erhöhen kann. Das gilt ganz besonders dann, wenn gleichzeitig auch eine Überversorgung mit Vitamin B12.5
Um Nebenwirkungen und gesundheitliche Probleme durch zu viel Folsäure zu vermeiden, sollten die meisten schwangeren Frauen die maximal empfohlene Tagesdosis nicht überschreiten. Diese liegt bei 1.000 Mikrogramm, die zusätzlich zur normalen Ernährung mit Nahrungsergänzungsmitteln und angereicherten Lebensmitteln aufgenommen werden.6
Wann hochdosierte Folsäure für Frauen sinnvoll sein kann
Wenn eine Frau bereits einen Fötus bzw. ein Baby mit Neuralrohrdefekt hatte, besteht ein besonders hohes Risiko für ein erneutes Auftreten. Ist eine weitere Schwangerschaft geplant, kann eine Dosis von vier Milligramm pro Tag das Risiko reduzieren. Wenn möglich, sollten Frauen in diesem Fall schon drei Monate vor der Empfängnis mit der Einnahme beginnen und sie bis zum Ende des ersten Schwangerschaftsdrittels fortführen.
In welcher Schwangerschaftswoche ist Folsäure am wichtigsten?
Das Neuralrohr entwickelt sich bei menschlichen Embryonen zwischen dem 19. und 28. Tag nach der Befruchtung und bildet die Grundlage für das zentrale Nervensystem. Um die Folsäurespeicher rechtzeitig zu füllen und eine normale Entwicklung des Gehirns und des Rückenmarks zu unterstützen, ist die Einnahme von Folsäure sogar schon vor der Schwangerschaft wichtig.
Ist es schlimm, wenn man in der Schwangerschaft keine Folsäure nimmt?
Ein Folsäuremangel kann dem ungeborenen Baby ernsten Schaden zufügen. Gleichzeitig fällt es schwangeren Frauen aufgrund ihres hohen Bedarfs oft schwer, genug Folsäure mit der normalen Ernährung aufzunehmen. Vor diesem Hintergrund wird dringend empfohlen, die zusätzlichen Empfehlungen zur Folsäurezufuhr während der Schwangerschaft zu befolgen, um mögliche Entwicklungsrisiken für das ungeborene Kind zu minimieren. Das gilt übrigens auch für Jod. Neben Folsäure ist Jod der zweite Nährstoff, bei dem Schwangere für gewöhnlich nicht auf ein Nahrungsergänzungsmittel verzichten sollten.
- 1 Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V.: Empfohlene Folatzufuhr (Stand: 2015). URL: https://www.dge.de/wissenschaft/referenzwerte/folat/ (zuletzt aufgerufen am: 25.10.2024).
- 2 Bundesinstitut für Risikobewertung: Schwangere sollten weiterhin auf den Verzehr von Leber verzichten (Veröffentlichung: 23.10.1995). URL: https://www.bfr.bund.de/de/presseinformation/1995/20/schwangere_sollten_weiterhin_auf_den_verzehr_von_leber_verzichten-775.html (zuletzt aufgerufen am: 28.10.2024). URL: https://www.mri.bund.de/fileadmin/MRI/Institute/EV/NVSII_Abschlussbericht_Teil_2.pdf (zuletzt aufgerufen am: 25.10.2024).
- 3 Bundesinstitut für Risikobewertung: Schwanger werden? – Aber nicht ohne Folsäure! (Stand: 2022). URL: https://www.bfr.bund.de/cm/350/schwanger-werden-aber-nicht-ohne-folsaeure.pdf (zuletzt aufgerufen am: 25.10.2024).
- 4 Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V.: Ausgewählte Fragen und Antworten zu Folat (Stand: Dezember 2018). URL: https://www.dge.de/gesunde-ernaehrung/faq/folat/ (zuletzt aufgerufen: 25.10.2024).
- 5 Johns Hopkins School of Public Health: Too Much Folate in Pregnant Women Increases Risk for Autism, Study Suggests (Veröffentlichung: 11.05.2016). URL: https://publichealth.jhu.edu/2016/too-much-folate-in-pregnant-women-increases-risk-for-autism-study-suggests (zuletzt aufgerufen am: 28.10.2024).
- 6 European Food Safety Authority: Overview on Tolerable Upper Intake Levels as derived by the Scientific Committee on Food (SCF) and the EFSA Panel on Dietetic Products, Nutrition and Allergies (NDA) (Veröffentlichung: Juni 2024). URL: https://www.efsa.europa.eu/sites/default/files/2024-05/ul-summary-report.pdf (zuletzt aufgerufen am: 25.10.2024).